Zukunft

„Wenn wir doch nur könnten, wie wir wollten!“

Ich saß in diesem Straßencafe und schaute mir die Leute, die vorübergingen, genau an. Es war der erste wärmere Tag in diesem Jahr und jeder schien das Bedürfnis zu haben, sich im Freien aufzuhalten. Der Satz kam vom Nachbartisch, an dem ein Typ saß, etwas nachlässig gekleidet, mit strahlend weißen Zähnen und gepflegten Händen. Die Frau zu der er sprach, schaute ihn nachdenklich mit ihren sehnsuchtsvollen braunen Augen an.

Meine Aufmerksamkeit schweifte von den Beiden ab und ich fragte mich, was dann wohl wäre. Würde ich etwas anders machen, wenn die Bedingungen andere wären? Oder schaffte sich jeder selbst Situationen, die ihn von seinen Träumen und Wünschen und deren Umsetzung fernhielten?

„Du hast die Wahl“, hörte ich diese kleine zierliche Frau sagen und ich musste tief ein- und wieder ausatmen. Es gab so viele Möglichkeiten sich zu entscheiden, wer sollte sich in diesem Dickicht der Unterschiedlichkeiten zurechtfinden.

Die Kellnerin mit ihrer weißen gestärkten Schürze strahlte etwas Reines und Klares aus.

„I never promised you a rose garden“, aus dem vorbeifahrenden Citroen drangen die Liedfetzen wie uralte, brüllende, gerade erwachende Dinosaurier an meine Ohren.

Ich holte deinen Brief aus meiner Handtasche und betrachtete die mir so vertraute Handschrift.

„Hast du überhaupt verstanden, was ich Dir sagen will?“ Die Stimme meines Tischnachbarn klang leicht gereizt. Die Schultern seiner Partnerin, auf denen diese verspielten, lockigen Haare lagen, fielen kaum merklich zusammen.

Ich betrachtete dein eines Wort auf der sonst leeren Seite. Vier Buchstaben, scheinbar so wenig und doch so viel.

Ein Windzug ließ eine Zeitung von einem Tisch flattern mit Blättern wie ausgebreiteten Armen.

Ich winkte der Kellnerin und zahlte. Die Münze, die für sie bestimmt war, fiel zu Boden. Ich hob sie auf, warf sie in die Luft und fing sie mit dem Handrücken wieder auf. „Kopf oder Zahl?“ fragte ich. Sie lachte und sagte „Zahl!“

Ich legte die Münze zu Deinem Wort „Komm“, nahm meinen Mantel und verließ das Cafe.

Ein ganzes Jahrzehnt

Da ist es neben mir aufgewacht, das neue Jahrzehnt.

Schlaftrunken schaue ich es an und habe so gar keine Idee, ob wir uns schon auf die Rente vorbereiten sollen.

Müde sind wir meistens am frühen Morgen und brauchen unser eigenes Tempo, das den runden Mund  zum lebendigen Jaaaa formt.

Macht ja nix, erstmal einen Tee, danach einen Kaffee und die News checken.

Die Welt da draußen macht da weiter, wo sie immer noch nicht aufgehört hat.

Ok, dann wollen wir mal starten, vielleicht bringt uns die Elster auf dem Baum auf eine Idee…das mit den mediterranen Bäumen pflanzen klingt doch richtig schön nach Volare, ohoh…

Neulich in Sibirien

Also, was soll ich sagen:

In Sibirien trifft man sich zum Sterne schauen, zum Blinis essen und Schaschlik grillen. Im Wald pflückt man kleine rote Beeren und das Wasser des Baikalsees umhüllt einen wie ein schwerer samtweicher Umhang eines uralten weisen Vaters.

Reisen im April

Ich bewege mich von Süden nach Norden und fahre dem Frühling entgegen.

Kirschblüten, Magnolien und Schlüsselblumen

schärfen die Welt wie Löwen ihre Zähne

Rapsfelder leuchten gelb zwischen Windpropellern

Kleine Lämmer stehen blauäugig auf der frischen grünen Wiese

wundern sich über lebendiges Ostern, sonnig und warm

Die Gans auf den sechs Eiern zischt mich an und ich sage höflich: „Tschuldigung!“

Herr Klaiber bringt Frau Klaiber zu dem hohlen Eingang in ihr hölzernes Zuhause

Der Kohlweißling fliegt neben mir und brummelt kichernd in mein Ohr:

„Hat die Blume einen Knick, war der Schmetterling zu dick!“